Ursprung des Schützenwesens
in Neuenkleusheim
Der 29. August 1767 war und ist ein denkwürdiger Tag in der Geschichte des Schützenwesens in Neuenkleusheim. Unter diesem Datum genehmigte der Landesfürst Erzbischof Maximilian Friedrich von Köln die Bruderschafts-Statuten der "Männer Schützen Compagnie" zu Neuenkleusheim.
Die Schützenbruderschaft wurde gegründet, so heißt es in der Urkunde, "zu Vermehrung der Ehr Gottes, damit das Hochwürdige Guth auf Pfingst-Montag bei der jährlichen und gewöhnlichen Prozession sonderlich an denen Nassauischen Grenzen zu mehrer Auferbauung deren angrenzenden Reformierten mit desto größerer Solemnität (Feierlichkeit) herumgetragen und begleitet werden möge".
Diese Begründung deutet darauf hin, daß es bei dem seit 1717 an Pfingstmontag in der Pfarrei Neuenkleusheim durchgeführten großen Umgang *), der sich im Bereich Elpertshagen - Broke - Heck der Grenze zwischen Kurköln und Nassau-Siegen näherte, wiederholt zu Zwischenfällen gekommen sein muß.
Grenzstreitigkeiten zwischen den Dörfern diesseits und jenseits der Landhecke waren ja damals keine Seltenheit.
In den beiden Artikeln der Bruderschafts-Statuten wird folgendes festgelegt:
Art: 1
Sollen zu dieser Schützen Bruderschaft 25 ehrbare Männer aus der Baurschaft nicht weniger, noch mehrere mit dem König und Fänderich einschließlich angenohmmen,
Art: 2dus
Sollen alle und jede Schützenbrüder am Pfingstmontag des morgens frühe mit Trommeln und Fahnen und Obergewehr in einer löblichen Ordnung auf dem Kirchhof erscheinen dann dem das Hochwürdige Gut tragenden Priester in Ordnung stehen bleiben erwarten, demselben alsdann gliedweise, worin er bey Anfang der Prozession auf dem Kirchhof erscheinen, zu Verhütung alle Unordnung bis zu derselben Endt in obachtnehmen und halten sollen."
In der Genehmigungsurkunde wird dem Richter zu Olpe aufgetragen, darauf zu achten und dafür zu sorgen, daß die "Männer Schützen Compagnie" nicht "wider diese ihre Bruderschaftsarticulen beeinträchtigt", sondern vielmehr "kräftigst geschützt" werde.
Wegen des Gewehrtragens bei der Prozession kam es, wie die Akten berichten, zwei Jahre später (1769) zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Pfarrer und der Junggesellen-Schützenkompanie von Neuenkleusheim. Pastor Johannes Stamm warf den Schützen vor, sie hätten die Andacht gestört und dadurch bei der Prozession Unordnung verursacht. Deshalb verbot er ihnen das Tragen der Gewehre.
Das Verbot betraf jedoch nicht die Männer-Schützenbruderschaft und deren vom Landesherrn verbrieftes Recht, die Prozession mit Trommeln, Fahnen und Obergewehr zu begleiten.
Die Junggesellen-Schützenkompanie erhob daraufhin Einspruch beim Geistlichen Offizialat. Sie berief sich darauf, daß sie schon seit "20, 30, 40 und mehr Jahren" das Recht hätte, beim großen Umgang an Pfingstmontag "mit Gewehr und Fahnen zu erscheinen und das höchste Gut in zierlichster Ordnung und Zucht aus und wiederum in die Kirche zu begleiten".
Die Männer- und die Junggesellen-Schützenkompanien und das ganze Kirchspiel Kleusheim baten dann die hohe Obrigkeit, ihnen ihre "höchsten Orts bestätigten Rechte" zu lassen und dem "Herrn Pastor Stamm die angestiftete Unruhe zu verweisen".
Aus einer Aktennotiz des Notars Weber vom 11. Mai 1769 geht hervor, daß er dem Herrn Pastor Stamm in Neuenkleusheim in Gegenwart der Zeugen Franz und Gerhard Ziegenhagen ein Dekret des Herrn Generalvikars übergeben hat. Dabei habe der Pastor versichert, daß er "bey der Verordnung Sr. Hochwürden Herrn Generalvikar festens bestünde".
Also behielten die Schützen das Recht, die Prozession in althergebrachter Weise zu begleiten.
*) Anmerkung: Die Pfingstprozession findet noch heute am Pfingstmontag jeden Jahres statt.
(Quelle: Festschrift zum 225jährigen Jubiläum des Schützenwesens in Neuenkleusheim)